Wie hat sich die Arbeit im Landesforstamt Berlin durch die inzwischen auch hierzulande spürbaren Klimaveränderungen und Extremwetterlagen verändert?
Der Berliner Wald leidet sicht- und messbar unter der Klimakrise. Lange Trockenheitsphasen und hohe Temperaturen im vierten Jahr in Folge setzen dem Wald enorm zu. Der aktuelle Waldzustandsbericht belegt die besorgniserregenden Entwicklungen. Insbesondere die Kiefern – die 60 Prozent der Berliner Waldbäume ausmachen – kämpfen. Deshalb haben wir unsere Anstrengungen zum Waldschutz mit definierten Klimaanpassungsmaßnahmen deutlich erhöht. So hat sich z.B. der Aufwand zur Verkehrssicherung entlang der Waldwege und -straßen enorm erhöht. Laufend müssen geschädigte und abgestorbene Bäume so gepflegt oder auch gefällt werden, dass sie für die Erholungssuchenden keine Gefahr mehr darstellen. Ebenso waren Aspekte der Waldbrandprävention und -bekämpfung lange nicht so bedeutend, wie in den letzten Jahren. Wir steuern den Risiken für unsere Wälder seit vielen Jahren mit einem groß angelegten Mischwaldprogramm entgegen – um klimastabile Mischwälder zu erzeugen. Als Förster denken wir allerdings in Jahrhunderten. Die alten Kiefern in Berlins Wäldern sind 100 oder 150 Jahre alt. Damals dachte niemand an den Klimawandel. Daher sind wir jetzt mit ganz neuen Fragen befasst: Welche Baumarten machen den stabilen Wald in 100 Jahren aus? Wir erleben aber auch eine steigende Sorge der Menschen um den Wald. Uns erreichen viele Fragen zum Zustand des Waldes und was wir als Berliner Forsten für seinen Erhalt tun. Viele Menschen wollen sich sogar selber beteiligen und Bäume pflanzen.
Welche Maßnahmen müssen zukünftig von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ergriffen werden, um nachhaltige Forstwirtschaft in der Metropolregion Berlin Brandenburg zu ermöglichen?
Um die anstehenden Herausforderungen bewältigen zu können, hat der Senat die personellen und finanziellen Ressourcen der Berliner Forsten erheblich erhöht. Für Waldumbau, Waldbrandvorsorge und die erforderliche Pflege und Sicherung stehen den Berliner Forsten bis Ende 2021 zusätzlich drei Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem wurden oder werden 20 zusätzliche Stellen mit qualifizierten Fachkräften besetzt, um die wachsenden Aufgaben der Verkehrssicherung in den Erholungswäldern und den Umbau zu klimastabilen naturnahen Mischwäldern zu bewerkstelligen. Zudem sind wir auf den Dialog mit der Stadtgesellschaft angewiesen. Wir brauchen Akzeptanz und Unterstützung, um diese Jahrhundertaufgabe bewältigen zu können. Ganz wichtig ist dabei auch die Umweltbildung – nur was man kennt, möchte man schützen. Daher spielen unsere neun Berliner Waldschulen für uns eine bedeutende Rolle. Von der Wissenschaft erwarte ich mir fundierte Erkenntnisse zu Klimaprognosen und -dynamiken. Nur so können wir langfristige waldbauliche Entscheidungen treffen. Dabei helfen uns auch Erkenntnisse aus der Forstbotanik, die uns in den entscheidenden Fragen zur Baumartenwahl und damit zur Steuerung der Waldentwicklung beraten kann.
Was jede*r Einzelne im Alltag beachten / dazu beisteuern, um besonders Bäume und Wälder vor Klimawandelschäden zu schützen?
Wälder sind natürliche Kohlenstoffspeicher. Sie weltweit zu erhalten und zu mehren ist genauso ein Beitrag zum Klimaschutz, wie die Nutzung möglichst langlebiger Holzprodukte. Einmal im Holz eingelagertes CO2 bleibt dort gebunden bis es energetisch genutzt wird oder verrottet. Jede Form von aktivem Klimaschutz ist unmittelbarer Waldschutz und die beste Zukunftsinvestition. Je wärmer und trockener es wird, desto mehr steht der Wald unter Druck. Wir alle sind also aufgefordert, uns in unserem Umfeld verantwortungsvoll zu verhalten und zu handeln.
Das Interview wurde im Juni 2021 geführt.
Bild: Th. Wiehle / Berliner Forsten