3 Fragen an… Johannes Müller
Umwelt Portrait

3 Fragen an… Johannes Müller

Doktorand an der Berliner Hochschule für Technik

Als Doktorand an der Berliner Hochschule für Technik in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin forschen Sie im Rahmen des Verbundprojekts „Sustainable Cities“ zur atmosphärischen Wassergewinnung (Atmospheric Water Harvesting, AWH)? Wie genau funktioniert diese?

Die Ressource Trinkwasser ist begrenzt und zudem sehr ungleich verteilt. Mehr als drei Milliarden Menschen sind von Wasserknappheit betroffen, wobei diese Zahl aufgrund der Klimakrise weiter ansteigen wird. Es ist erforderlich, jede verfügbare Wasserquelle zu nutzen. Die Atmosphäre enthält große Mengen an Wasserdampf, den wir in Form von Luftfeuchte und Wolken wahrnehmen.
Ein atmosphärischer Wassergewinner saugt Umgebungsluft mit der darin enthaltenen Luftfeuchte an. Im Inneren des Apparats durchströmt die Luft ein Material, welches die enthaltene Luftfeucht aufnimmt. Dafür eignen sich insbesondere hydrophile Materialien, die den Wasserdampf wie ein Schwamm aufsaugen und speichern. Dieser Prozess wird als Aufnahmephase bezeichnet.
Um das gespeicherte Wasser zu gewinnen, muss es dem Material wieder entzogen werden, also der Schwamm muss zusammengedrückt werden, um im Bild zu bleiben. Der hierfür erforderliche Energieaufwand kann durch Sonneneinstrahlung gedeckt werden. Dies ist von Vorteil, da Regionen, die unter Wasserknappheit leiden, in der Regel eine hohe Sonneneinstrahlung aufweisen. Die Erwärmung des Materials durch Solarenergie führt zur Freisetzung des gespeicherten Wassers. Die dabei entstehende warme, feuchte Luft kann im Verlauf des atmosphärischen Wassergewinners auskondensieren, sodass flüssiges Wasser und trockene Luft aus dem Gerät austreten. Die Desorptionsphase findet aufgrund der benötigten Sonneneinstrahlung am Tag statt, während die Aufnahmephase in der Nacht erfolgt, sodass ein Kreislauf entsteht.

Was sind die größten Herausforderungen bei der atmosphärischen Wassergewinnung?

Die Wahl des Materials für die Aufnahme der Luftfeuchte ist abhängig von vielen Faktoren und sehr entscheidend über die Effizienz des Wassergewinners. Ich erwähnte, dass hydrophile Stoffe geeignet sind, das ist aber nur die halbe Wahrheit. Je leichter ein Stoff Wasser aufnimmt, desto schwieriger ist es auch, das Wasser wieder zu entziehen. Das perfekte Material ist also standortabhängig, je nach Luftfeuchte, Temperaturen, Sonneneinstrahlung, um ein paar entscheidende Umweltfaktoren zu nennen. Dazu sollte es leicht zu produzieren sein, nachhaltig und gleichzeitig kostengünstig, was die Möglichkeiten zusätzlich einengt.

Auch Brandenburg ist von Trockenheit betroffen. Wäre der Einsatz dieser Methode zur Wassergewinnung in der Zukunft bspw. auch für die Wasserversorgung in der Landwirtschaft denkbar?

In der Landwirtschaft werden gigantische Mengen an Wasser verbraucht. In der Atmosphäre wird täglich viel Wasser umgesetzt, mehr als wir täglich als Menschheit auf der Erde verbrauchen, aber ich würde ungerne einen Großteil des Wasserdampfes aus der Atmosphäre entziehen, nur um unseren heutigen Lebensstil weiterzuführen ohne Rücksicht auf Konsequenzen.
Die Wassergewinnung aus der Atmosphäre sehe ich eher als ein Puzzlestück zur Bekämpfung der Wasserknappheit, die ein komplexes Problem darstellt und für die es leider keine eindimensionale Lösung gibt. Statt zur Landwirtschaft sehe ich einen atmosphärischen Wassergewinner eher auf einem Balkon in Wohnungen oder in Gärten von Einfamilienhäusern, um das Wasser für das Gießen von Pflanzen oder das Sprenkeln vom Rasen bereitzustellen.

Das Interview wurde im Oktober 2024 geführt.

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Bild: privat