3 Fragen an… Prof. Dr. Carsten Mann
Bildung Portrait

3 Fragen an… Prof. Dr. Carsten Mann

Nachhaltige Waldressourcenökonomie, Hochschule für nachhaltige Entwicklung

Sie arbeiten an der HNEE im Fachgebiet „Nachhaltige Waldressourcenökonomie“. Welche Themen untersuchen Sie?

Seit 2016 arbeite ich als Professor für nachhaltige Waldressourcenökonomie am Fachbereich für Wald und Umwelt der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Mein Arbeitsfokus liegt auf der Analyse politischer und ökonomischer Gestaltungsmöglichkeiten für die Bereitstellung von (Wald)Ökosystemleistungen. Insbesondere interessiert mich, wie neue Formen von Kooperationen und Finanzierungsmechanismen von Ökosystemleistungen aussehen können, für die es keine Märkte gibt. Hierunter fallen etwa Leistungen des Waldes im Bereich des Klimaschutzes, der Erhaltung der Artenvielfalt oder die Erholungs- und Gesundheitswirkung von Wäldern. Dabei ist die Bewertung der vielfältigen Funktionen und Leistungen von Wäldern nicht neu. Allerdings wird Wald heute gesellschaftlich und politisch viel stärker als noch vor 20 Jahren als Teil von (internationalen) Lösungsstrategien angesehen. Aktuell arbeiten wir beispielsweise mit Forscher*innen aus Japan zusammen an dem Konzept des Waldbadens (Shinrin-Yoku) und überlegen, wie diese Art von Waldtherapie nicht nur eine Einkommensalternative für Waldbesitzende bietet, sondern auch einen Beitrag für das Gesundheitssystem leisten kann. Neben der Forschung ist auch der Transfer solcher Erkenntnisse in die politische und wirtschaftliche Praxis ein zentrales Interesse meiner Arbeit.

Können Sie uns kurz berichten, wie Sie transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung in Ihrem Fachgebiet umsetzen und ob es dabei Herausforderungen gibt?

Um die vielfältigen Beziehungen von Gesellschaft und Wald besser verstehen zu können, braucht es das Praxiswissen gesellschaftlicher Akteure. Es gibt so viele Interessen, Bedarfe und Wahrnehmungen auf die Waldbewirtschaftung, dass Managemententscheidungen eigentlich immer Entscheidungen über Präferenzen sind, die ausgehandelt werden müssen. Je transparenter solche Aushandlungsprozesse gestaltet sind, desto akzeptierter sind sie. So ist zumindest die Hoffnung. So gut wie alle meine Projekte sind durch den sogenannten Multiakteursansatz geprägt. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Stakeholdergruppen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Waldwirtschaft, Umweltverbände und der Zivilgesellschaft aktiv und von Beginn an in den Forschungsprozess eingebunden werden. Dabei versuche ich die Forschungsfragen mit Praxisakteuren zu identifizieren und dann in einem strukturierten Prozess Lösungsansätze gemeinsam zu erarbeiten. Beispiele sind etwa wie neue Finanzierungsmodelle für Waldökosystemleistungen, sogenannte Payments for Ecosystem Services gestaltet sein müssen, dass sie ökologisch, wirtschaftlich aber auch sozialverträglich wirken. Das untersuche ich etwa in Vietnam aber auch in Europa im Rahmen von zwei EU Projekten. Das erfordert Zeit und Ressourcen, um Vertrauen aufzubauen und ein gemeinsames Verständnis von Problemen und Lösungen zu erarbeiten.

Welche Rolle spielt Brandenburg in Ihrer Forschung?

Der überwiegende Teil meiner Forschung ist international ausgerichtet. Entsprechend arbeite ich in internationalen Forschungsverbünden, die sich aus Wissenschafts- und Praxisakteuren zusammensetzen. Dabei spielt natürlich auch Brandenburg eine wichtige Rolle: Zum einen als Untersuchungsgebiet für Fallstudien, zum anderen aber auch für die Vernetzung von Akteuren mit anderen Regionen, Ländern und Kontinenten. Beispielsweise haben wir in dem Projekt InnoForESt zu neuen Politik- und Geschäftsmodellen im Wald wie etwa die Waldaktie geforscht. Das ist ein Modell, welches auch für Brandenburg interessant ist, um die Entstehung von Klimawäldern oder die Moorwiedervernässung zu finanzieren. Das ist ja das tolle an der internationalen und transdisziplinären Forschung: Wir vernetzen uns und lernen voneinander über Wissens- und Ländergrenzen hinweg. Am Ende geht es um den gemeinsamen Austausch, was den Erkenntnisgewinn und die Suche nach nachhaltigen Lösungen voranbringt!

Das Interview wurde im Dezember 2023 geführt.

Bild: Carsten Mann