3 Fragen an… Prof. Dr. Christian Thomsen
Bildung Portrait

3 Fragen an… Prof. Dr. Christian Thomsen

Präsident der Technischen Universität Berlin (2014-2022)

Sie haben gemeinsam mit anderen Berliner und Potsdamer Wissenschaftsinstitutionen das Climate Change Center Berlin Brandenburg (CCC) initiiert. Warum ist Ihnen das CCC besonders wichtig?

Die TU Berlin wird als technische Universität einen großen Anteil daran haben, dass das Climate Change Center Berlin Brandenburg ein Erfolg wird. Als einer der wichtigsten Motoren für die Technologieentwicklung in der Region sind wir auch leistungsstark in klimabezogenen Forschungsfeldern. Ein Engagement ist da unumgänglich. Der Ansatz des künftigen Zentrums, sich auf Lösungen zu orientieren, kommt uns entgegen. Genau diese Expertise werden wir einbringen. Ganz nach der Devise: Solutions for today. Akademisches Unternehmertum, Innovationen und ihr Transfer sind unsere bekannten Stärken. Das Thema Klima ist aber so umfassend, so komplex, dass es nur im Verbund mit vielen Partner*innen aus der Region wirkungsvoll angepackt werden kann. Wir streben ja nicht weniger an als den Aufbau eines weltweit beachteten Kompetenzzentrums, das nahezu alle benötigten Disziplinen miteinander vernetzt. Dazu gehört neben unserer Expertise in den Natur-, Technik- und Ingenieurwissenschaften eben auch die geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung oder etwa die Agrarwissenschaften.

In welchen Arbeitsfeldern des CCC kann sich die TU Berlin mit ihrer Expertise in Forschung, Lehre und Transfer einbringen?

Von den vier „Solution Areas“ des CCC – Society, Nature, Technology, Urban and Rural – sind natürlich die beiden letztgenannten von besonderer Bedeutung für uns. Angefangen bei der Batterieforschung bis hin zur Stadtplanung – unsere Fachgebiete decken ein großes Spektrum ab. Wir haben sehr gute Ökonom*innen, die sich mit dem facettenreichen Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, Biotechnolog*innen, die Pilze als Baumaterialien entwickeln, oder Expert*innen, die in Richtung Environmental Humanities denken. Ebenso können wir die Erfahrungen, die wir etwa mit dem neuen Studiengang „Design & Computation“ sammeln, auf klimabezogene Themen ausweiten. Hier wurde universitätsübergreifend ein interdisziplinärer, forschungsorientierter Masterstudiengang zwischen der Universität der Künste Berlin und der Technischen Universität Berlin etabliert. Im Studienverlauf wird das Verhältnis von Individuum, Technik und Gesellschaft ganz grundsätzlich in den Blick genommen – welches ja auch zur Bewältigung des Klimawandels neu austariert werden muss.Nennen kann ich als Beitrag der TU Berlin zusätzlich unsere gezielte Start-up-Förderung, die zum schnellen Umsetzen der Ideen, die im CCC entstehen, beitragen wird.

Welche Aufgaben und Funktionen sehen Sie für die Wissenschaft im 21. Jahrhundert, wenn es um Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht?

Das 20. Jahrhundert war bestimmt durch eine ungeheure Beschleunigung des technischen Fortschritts und des Wohlstands der westlichen Welt. Aber eben auch dadurch, dass die Schattenseiten, der Missbrauch von Technik durch Krieg und Zerstörung, zu Tage traten und die globale Ungleichheit ungelöst blieb. Die TU Berlin hat sich seit ihrer Gründung dazu bekannt, Wissenschaft und Technik zum friedlichen Nutzen unserer Gesellschaft weiterzuentwickeln. Im 21. Jahrhundert treten nun zentrale Menschheitsfragen, Fragen der Weltgesellschaft, noch stärker in den Mittelpunkt und viele Hoffnungen werden in die Wissenschaft gesetzt, zur Lösung dieser existenziellen Probleme beizutragen. Ich finde diese Hoffnung berechtigt und würde daraus auch eine Forderung an die Wissenschaft formulieren, denn wir können tatsächlich viel erreichen, vor allem, wenn wir Wissenschaftler*innen uns zusammentun. Das CCC ist ein innovativer Weg, sich Disziplinen übergreifend breit aufzustellen und nach außen zu treten, um uns mit Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft gemeinsam zu engagieren. Der große Zuspruch für unsere Initiative zum CCC bestätigt mir, dass viele meiner Kolleg*innen aus der Wissenschaft sich anschließen wollen.

Das Interview wurde im September 2020 geführt.

Bild: Susanne Cholodnicki / TU Berlin