3 Fragen an… Prof. Dr. Jana Möller-Herm
Bildung Portrait

3 Fragen an… Prof. Dr. Jana Möller-Herm

Juniorprofessorin für Marktkommunikation an der Freien Universität Berlin

Der Tag der Erde (22. April) wurde 1970 eingeführt, schon damals war also die Umweltproblematik bekannt. Trotzdem hat sich die Klimasituation weiter verschlechtert, die Weltbevölkerung setzte ihr ressourcenverbrauchendes Konsumverhalten weiter fort. Da haben doch gute Vorsätze und Motivation nicht viel geholfen, oder?

In der Tat hat sich die Klimasituation seit dem ersten Earth Day im Jahr 1970 weiterhin verschlechtert und der Ressourcenverbrauch der Weltbevölkerung ist gestiegen. Die Umweltproblematik ist dabei sehr komplex ist und viele Faktoren tragen dazu bei. Ein wichtiger Faktor ist, dass viele Menschen weltweit immer noch nicht ausreichend über Umweltprobleme informiert sind und nicht verstehen, wie ihr Handeln die Umwelt beeinflusst. Hinzu kommen politische und wirtschaftliche Kräfte, die sich gegen Maßnahmen zur Bewältigung von Umweltproblemen stellen, sowie kulturelle und soziale Faktoren, die dazu beitragen, dass sich Konsumgewohnheiten nur langsam ändern. Psychologisch bedeutsame Faktoren für die Motivation sind die fehlende direkte Greifbarkeit und Ungewissheit des nachhaltigen Handelns. Es liegt in der Natur der Sache, dass ökologisches Konsumverhalten den Verzicht auf unmittelbare und individuelle Interessen mit sich bringt, zugunsten von Handlungen, deren Vorteile weit in der Zukunft liegen. Darüber hinaus sind die Auswirkungen nachhaltigen Handelns und Nichthandelns schwer zu verfolgen, da sich Veränderungen im Laufe der Zeit nur sehr langsam vollziehen. Aufgrund dieser Ungewissheit fällt es Menschen oft schwer, sich zu nachhaltigem Verhalten zu motivieren. Dennoch zeigt der Blick auf Deutschland, dass viele Menschen motiviert sind, durch individuelle Beiträge die Klimasituation zu verbessern, z.B. durch weniger Fleisch in der Ernährung, konsequentes Recycling oder durch den Umstieg auf Elektromobilität oder öffentlichen Verkehrsmittel. Damit können sie auch für andere Vorbild und Motivator sein.

Es wird viel über individuellen Klimaschutz und den persönlichen CO-Fußabdruck des Einzelnen gesprochen, aber wichtig sind doch auch die Entscheidungen der Menschen in Führungsetagen von Konzernen und Behörden gesprochen, deren Handeln viel mehr bewirken kann. Was meinen Sie, wie diese sich zu mehr Klimafreundlichkeit motivieren könnten?

Individueller Klimaschutz ist wichtig, jeder klimabewusste Beitrag ist wertvoll. Neben den Maßnahmen der einzelnen Konsumierenden sehe ich vor allem die Wirtschaft und die Politik in der Verantwortung, um große Effekte für die Klimawende zu erzielen, z.B. durch intensive Aktivitäten im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und das Setzen gesetzlicher Rahmenbedingungen für klimaneutrale Produktionsweisen. Da Wirtschaft und Politik mit ihren Maßnahmen eine deutlich größere Hebelwirkung erzielen können als einzelne Konsumierende, ist es besonders wichtig, diese Akteure zu einem umfassendem Klimaschutz zu motivieren. Als Konsumierende – und Wähler*innen – können wir durch unser umweltorientiertes Kauf- und Wahlverhalten Wirtschaft und Politik unter Druck setzen. Wenn die Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten und Dienstleistungen steigt und Wahlergebnisse deutlich machen, dass die Politik sich entschieden für das Klima einsetzen muss, kann jeder Einzelne eine wichtige Wirkung entfalten.

Das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, erscheint kaum mehr realistisch. Wie kann man sich trotzdem noch motivieren, z.B. zu geringerem Fleischkonsum, weniger Autofahren und Flugreisen?

Es ist wahr, dass das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sehr ambitioniert ist und es schwierig erscheint, dieses Ziel noch zu erreichen. Allerdings sollte das nicht dazu führen, dass wir den Kopf in den Sand stecken und uns nicht mehr motivieren, etwas für den Klimaschutz zu tun. Auf unserer Webseite habe ich Tipps zusammengestellt, um sich zu motivieren.

Das Interview wurde im April 2023 geführt.

Bild: Bernd Wannenmacher